Quo vadis Design?

Warum neues Design?

Schon vor einem Jahrzehnt beschwerte sich der französische Stardesigner Philippe Starck, dass es viel zu viele Stühle gibt: Es lohne sich nicht mehr, Kraft in ein neues Design zu stecken, weil alles gesagt ist. Oder anders ausgedrückt, wir drehen uns nur noch im Kreise. Die Aufbruchstimmung des letzten Jahrhunderts ist im Keim erstickt, da wir weder Stuhl noch Tisch neu erfinden können. Zudem setzen Marken erfolgreich auf bekanntes, aus Filmen bekanntes Design, das sich viel leichter vermarkten lässt. Neues wagen? Viel zu aufwendig. Nicht nur in dieser Branche wird mit Altbewährtem dem Neuen kurzerhand der Wind aus dem Segel genommen. Hier und da ploppen in der Wissenschaft immer mal wieder Errungenschaften auf, womit wir dies und das erleichtern oder verbessern können. Wenn aber keine mächtige Firma dahintersteht, vielmehr mächtige Firmen um ihre Patente und Pfründe bangen, sind die meisten neusten Errungenschaften schnell wieder in der untersten Schublade verschwunden.

Wird KI Design revolutionieren?

Ein Plädoyer für die graue Couch

Warum graue Couch?
Umfragen bestätigen immer wieder: Das graue Sofa ist das Nonplusultra im Wohnzimmer. Es macht sich in unserer Einrichtung so breit wie die Jeans im Kleiderschrank, passt immer zu allem, ist selbstverständlich im Familien- und Freundeskreis, beherrscht die Fotos bei Instagram, Pinterest, usw. Und dieses vielfache Auftreten ruft Designer, Einrichter und Redakteure unisono auf, gegen dieses »Grauen« zu wettern: Wie langweilig doch die Einrichtung geworden ist! Biedermeier-Zeiten sind wieder angebrochen! Warum experimentieren wir nicht mit mehr Farbe? Wie wäre es mit einem zarten Puderrosa? Strahlendem Blau? Oder wenigstens einem dunklen Tannengrün? Als ob das Einrichten in bunten Farben so einfach ist!

Mid-Century Design – eine Rolle rückwärts?

Arne Jacobsen steht für organisches, skandinavisches Design: Sowohl die ledernen Swan Sessel als auch die Round Beistelltische, hergestellt von Fritz Hansen, vollziehen wundervolle Rundungen. Fotografiert im St. Catherine College, Oxford UK in 1957. Foto: © Fritz Hansen 

In der Retro-Welle aufgestiegen und geblieben: Warum bleibt Mid-Century Design modern?
Kaum eine moderne Einrichtung kommt heute ohne diesen schwer angesagten Stühle aus: Die »Eames Plastic Side Chairs« oder »Armchairs« der Schweizer Marke Vitra stehen mal mit metallener »Eiffel«-Basis, mal mit kokett abstehenden Holzbeinen um den Esstisch. Während dieser Entwurf von Ray & Charles Eames für das amerikanische Mid-Century Design stehen, fallen einem die skandinavischen Designklassiker aus der gleichen Zeit, die »Ameise« oder »Serie 7« Stuhl von Arne Jacobsen für Fritz Hansen nicht so schnell ein: Dabei gehören diese skandinavischen Designklassiker ebenfalls zu diesem Stil – wurden in Amerika des Mid-Century Design‌s auch munter miteinander kombiniert.

Warme Farben, coole Vintage Einrichtung: Retrouvius in London

Ist das nicht eine coole Küche? Voll der Sonnenschein am Morgen – auch wenn die Sonne vielleicht nicht diesen Winkel im Haus erreicht. Und außerdem … wann scheint schon in London die Sonne? Und dieses wundervolle Sonnengelb ist nicht die einzige Farbe die in diesem Zuhause anzutreffen ist:

Florence Lopez und ihr farbenfrohes Pariser Apartment

Florence Lopez kann man guten Gewissens jedes Jahr wieder besuchen, schließlich richtet sich die Antiquitätenhändlerin stets mit neuen Fundstücken ein. Und da dies nie einfallslos wie in einem Geschäft aneinandergereiht wird, sondern in die Wohnung perfekt eingefügt wird, kann jeder eventuelle Käufer gleich sehen, wie sich das gute Stück macht. Das Wohnzimmer ist in der Lieblingsfarbe – einem kräftigen Blau – gehalten, wobei das große Wandgemälde den Raum in Beschlag nimmt, so dass Daybed und schicker Cocktailsessel kaum beachtet werden ...

Karl Lagerfeld und Memphis

In den späten 1970er Jahren mupfen junge Designer rund um Mailand auf: Unter der Ägide von Ettore Sottsass entstehen neuartige Möbel, ungewöhnlich in der Form, kräftig in der Farbe. Die einen nennen es überdimensioniertes Spielzeug, andere verhöhnen es als billige Aufreißer-Ware. Dazwischen stehen die jungen Designer, die mit Memphis viel erreicht haben: Aufmerksamkeit in einer müden, auf Retro gebürsteten Designszene. Dass die neuartigen Möbel billig im Material sind, aber horrende Preise haben, nicht immer alltagstauglich, aber dafür Aufmerksamkeit erheischen – geschenkt, dafür werden es allesamt keine Verkaufsschlager …

Cooles Mid-Century Design in Berlin

Einfach nur cool – so kann man diese Einrichtung ruhigen Gewissens bezeichnen: Klar wird hier auf den Spuren des Mid-Century Designs gewandelt, aber nicht zu den gängigen Designklassikern wie Eames Chair und Egg Chair gegriffen. Vielmehr wird das Gefühl der "Swinging Sixties" aufgesogen und in dieser von der Berliner Dependance umgebauten ehemaligen Sprachschule hervorragend ausgespielt:

Spielerisch leicht eingerichtet in Göteburg

Hach – in Schweden muss man nur Wohnungen und Häuser zum Verkauf anschauen, um sich Inspiration für seine eigene Einrichtung zu holen. Und dies tut Designattractor ausgiebig: Bei seinem Streifzug durch diverse Immobilienportale erfreut man sich vorwiegend weißer Einrichtungen, die allesamt vor Designklassiker-Möbel nur so strotzen:

Alte Pracht in der Casa Mollino in Turin

Der italienische Designer Carlo Mollino richtet sich in seinen letzten Jahren eine für ihn perfekte Wohnung, die Casa Mollino, in Turin ein. Dass hierbei keinesfalls sein Design sondern eine Hommage an all seine Lieblinge herauskommt, mag nur Unwissende verwundern. Statt sich dem Design zu widmen, beschäftigte sich Carlo Mollino lieber mit der Fotografie:

Mid-century Design reloaded in Portland

Wer diese Einrichtung sieht, weiß sofort, wo wir uns befinden: in den USA, genauer gesagt Portland. In keinem anderen Land wurde die von Mies van der Rohe propagierte Bauhaus-Architektur so konsequent und häufig von diversen Architekten umgesetzt. So auch Saul Zaik, der 1956 dieses Haus mit bodentiefen Fenstern, Parkett und Holzdecken ausführte:

Mid-Century Design im frischen Anzug

Es ist einfach wunderbar, wenn man so schöne Möbel erbt und sie einfach in einem frisch renovierten Zuhause einsetzen kann. Leider waren unsere Altvorderen designtechnisch nicht so bewandert, als dass man sich heute in ihren Möbeln wirklich schicklich einrichten kann. Aber Chris Nguyen konnte das Meiste aus Altbeständen verwenden und es zu einem hübschen Zuhause in Houston, Texas, arrangieren …

US Zeitkapsel mit neuem Leben erfüllt

Der Zufall schreibt die schönsten Geschichten: Als Kristen und Paul dieses 1899 gebaute Haus fanden, wussten sie, dass dies etwas Besonderes ist. Die alte Dame übergab das Haus genau in dieser Einrichtung, als sie in den 1950er Jahren heiratete und es einrichtete. Von der Tapete über den Teppich bis hin zu jedem Möbelstück und Küche gleich in zweifacher Ausführung! Eine interessante Zeitkapsel, schließlich waren dort auch noch antike Elemente der Einbauten vorhanden und einiges sah auch eher als Art Deco der 1930er Jahre als Fifties aus …

Dänische Designklassiker in Porto

Porto und dänisches Design? Fast reibt man ein wenig verwundert die Augen. Dass bei dieser auf den ersten Blick ungewöhnlichen Kombination keine typische skandinavische Einrichtung herauskommt verwundert dagegen kaum. Schließlich wird in Portugal gerne in Einrichtungen Wandfarbe verwendet. Und so leuchten vor dem grünen Hintergund ein dänisches Sideboard und die "Louvre" Pendelleuchte von Poul Henningsen über einem Tisch und ledernen Stühlen von Kristian Vedel. Ein rundes Loch zeichnet sich als stylische Durchreiche zur Küche in portugiesischem Nussbaum aus.

Und Farbe beschränkt sich nicht nur auf Wände: Um eine Korrespondenz der dänischen Designklassiker zur Einrichtung zu schaffen, zeichnet sich die Tür im gleichen Rot des Sessels aus:

Skandinavisches Design peppt gründerzeitliche Wohnung auf

Was macht man, wenn die Wohnung seines Herzens zwar wunderbar in Kopenhagen liegt, aber wuchtige Decken aus der Gründerzeit trägt? Man geht statt mit skandinavischen Minimalismus mit farbigem Frohsinn ans Werk, um die Schwere der Decken und Türen zu nehmen. So kombiniert die Modedesignerin Ditte Lamptey ein frisches Grün im "Eau de Nil" Stil zum ledernen Swan Chair von Arne Jacobsen und der stromlinienförmigen Panthella Stehleuchte von Verner Panton im Wohnzimmer …

Pariser Flair von Art Deco bis OpArt

Es gibt Räume, in die ist man sofort verliebt. Vielleicht weil sie andersartig und nicht das übliche Einerlei in Grautönen widerspiegeln. Der Designer Christian Liaigre richtet gemeinsam mit der Antiquitätenhändlerin Florence Lopez eine Wohnung im 7. Pariser Arrondisement ein. Die Bemalung der Wand hinter dem Art Deco Kamin ist eine Hommage an Sonia Delaunay, die in den 1920er Jahren ein Auto in diesen Farben bemalte. Die zwei passenden Prager Spiegel von 1905 zeigen aus diesem Blickwinkel gekonnt die OpArt Gemälde der gegenüberliegenden Wände:

Vertigo von Petite Friture – eine atemberaubende Leuchten-Konstruktion

Das erste Mal standen wir staunend 2011 im VitraHaus in Weil am Rhein unter dieser imposanten Leuchten-Konstruktion: Trotz Nachfrage konnte uns auf Anhieb niemand im VitraHaus weiterhelfen, da es sich nur um "Dekoration" handelt. Schade. Aber nun nach einigen Jahren setzt sich das fabelhafte Design durch, wird von immer mehr Shops – mehr in Frankreich als hier – vertrieben. Vertigo – schon der Name inspiriert, lässt an diesen famosen Film von Alfred Hitchcock aus dem Jahr 1958 mit James Stewart und Kim Novak in den Hauptrollen denken. Für kurze Sequenzen taucht diese strahlenartige Grafik auf, die Constance Guisset zu ihrem Leuchten Design für die französische Marke Petite Friture inspiriert …

Retro ist in auf der Kölner Möbelmesse imm cologne 2015

Wer sich inspirieren lassen will, wie seine eigenen vier Wände ausschauen sollen, ist gut beraten einfach mal die Kölner Möbelmesse, vor allem die Hallen 4, 10 und 11 zu besuchen. Schließlich geben sich die renommierten Möbelmarken immer sehr viel Mühe ihre Messestände schön einzurichten, um dem potentiellen Kunden das angestrebte Lebensgefühl besser zu vermitteln …

Porada auf der Kölner Möbelmesse imm cologne 2015

Ein Muss für alle Designbegeisterte ist der Besuch der alljährlich stattfindenden Kölner Möbelmesse imm cologne: Ob die allseits beliebten Vitra, Ligne Roset und Walter Knoll oder lieber die kleinen Marken, die viel freizügiger im Design schalten und walten – es gibt immer wieder etwas Neues zu entdecken! Zum Beispiel Porada: die italienische Marke verwöhnt auf der Kölner Möbelmesse mit einem wohnlichen Stand, in dem man – sofern man auf Retro steht – sofort einziehen möchte:

Mit Leichtigkeit in Sao Paulo eingerichtet!

Drei Dinge setzen sich im zeitlosen Wohntrend durch: weiße Wände, schöne Holzmöbel und auffällige Designklassiker. Da das Parkett nicht mehr in seinem natürlichen Zustand zu erhalten war, strecht Felipe Hess das Parkett mit schwarzem Bodenlack an. Somit wird das Wohnzimmer zum Showroom:

Zum Magistretti Ledersofa gesellt sich ein antikes ERCOL Sofa mit Alexander Girard Bezug, zur Prouve Leuchte eine Castliglioni Tischleuchte, zum Joe Colombo Beistelltisch, selbstgezimmerte Beistelltische auf einem Kuhfell, zum Schalensessel in Korb ein Eames Schaukelstuhl …

Winterweißes Design in Berlin

Man muss ein spanisches Wohnmagazin lesen, um schicke Einrichtungen aus Berlin zu sehen. Verrückte Welten. Aber wer sich mit Mode beschäftigt, richtet sich auch viel bewusster in seinen eigenen vier Wänden ein: Emmanuel de Bayser von The Corner in Berlin, richtet seine Wohnung in der Nähe des Gendarmenmarktes in schlichtem Weiß und Schwarz zu jeder Menge Holz …