Freitag, 2. Juli 2010

Shanghai Expo 2010 - brauchen wir diese Entwürfe?



Nein aufregend ist dieses Gebäude nicht - jedenfalls nicht von außen: Zerklüftet, wie zerbrochen, zerhackt in kleine Teile steht "Balancity", der Deutsche Pavillon auf der EXPO 2010 in Shanghai. Ein Abbild Deutschlands? So grau ist unser Alltag, das wir fast einer Betonwüste ähnlich ein Gebäude da hinstellen? So uneins sind wir, so zerhackt? Für mich widerspiegelt dieses Gebäude die düstere Stimmung Deutschlands trotz Sommer, WM Trubel und sonstigen kleinen Freuden. Ein Land von Nörglern und Um-den-heißen-Brei-Rednern - und keiner will, darf, kann Position beziehen. Ob die Architekten Schmidhuber & Partners diesen steingrauen Haufen in diesen Sinne entwarfen? Mögen innen auch noch so schöne Stadt(t)räume visualisiert werden, die äußere Hülle zeigt, das wir einfach unvermögend sind, unsere Zukunft "besser" zu gestalten.




Ganz anders der britische Pavillon: Schon immer auf Krawall gebürstet zeigen die Briten kein gewöhnliches Gebäude, keine Betonwüste oder wellenförmiges, glänzendes Schickimicki-Design. Stachelig wie ein übergroßer Igel entwarf Thomas Heatherwick ein Gebäude, in dem es sich bestimmt nicht leben lässt, jedenfalls fehlen mir die Fenster! Aber die "Seed Cathedral" ist aufregend aufgebaut: 6000 transparente Stachel in einer Länge von 7,5 m sind verbaut worden - und jeder Stachel hat an seiner Spitze einen oder mehrere Samen eingegossen - die Verbindung zwischen Urbanität und Natur. Durch die Transparenz der Stacheln wird tagsüber das Licht in das fensterlose Innere geleitet und der Innenraum mit unzähligen kleinen Lichtpunkten illuminiert. Nachts dringt die Innenbeleuchtung nach außen, lassen den überdimensionierten Igel mit leuchtenden Spitzen fast schwebend aussehen. 




Auf den ersten Blick sieht auch der britische Entwurf eines besseren Stadtlebens in Einklang mit der Natur auch eher wie ein Kunstwerk als ein wirklich brauchbarer Architektur-Entwurf aus. Aber aus diesem Licht-Leitsystem der Stacheln können wir lernen wie wir Licht ohne zusätzliche Energie in dunkle Räume leiten können. Ob sich daraus auch wärmetechnisch eine Innovation ableiten lässt? Und wir lernen das moderne Architektur auch ohne Kanten und Ecken auskommen kann.