Mittwoch, 24. Juli 2013
Verrückte Glaswelt in Schijndel oder wie baue ich ein modernes Bauernhaus?
Das kleine Schijndel im niederländischen Nordbrabant hat durch seine Lage nahe der deutschen Grenze im Zweiten Weltkrieg arg gelitten. Bomben zerstörten die Ortsmitte, sodass ein großer Platz den Ort fast auseinanderriss. Jahrzehntelang wurde über die Neubebauung gestritten. Das eine war zu auffällig, das ander zu kleinkariert. Auch die mehrfach ausgezeichneten niederländischen Architekten MVRDV brauchten sieben Anläufe bis zu diesem einmaligen Haus: die Glass Farm. Nein, MVRDV haben hier nicht einfach ein typisches Bauernhaus errichtet; das wäre zu einfach! Sie haben mehrere Bauernhäuser der Umgebung ausgemessen, fotografiert und etwas Neuartiges entworfen:
Was auf den ersten Blick wie ein Bauernhaus aussieht, ist auf den zweiten Blick ein Glashaus, eben eine Glass Farm, in der sich auch die Umgebung spiegelt. Um die Größe des Bauplatzes optimal auszunutzen, wurde das gläserne Bauernhaus aber nicht in 1:1 Maßstab bedruckt, sondern 1,6mal größer als normal, wobei die Fotoarbeiten des Künstlers Frank van der Salm in die Gestaltung des Druckes einflossen. So erscheint einem das Bauernhaus nicht als Puppenstube, eben eine Verniedlichung, sondern der erwachsene Mensch sieht sich angesichts des überdimensionierten Maßstabes als Kind. Verrückte Glaswelt.
Innen ist die Glass Farm mit Läden und Cafés bevölkert: Hier wird der Druck auf der Glasfläche zur Mauer, wirkt die äußere Haut wie eine falsche Umgebung. Um durch den nahezu blickdichten Druck hinausschauen zu können, gestaltet die Architekten MVRDV Gucklöcher aus klarem Glas, indem die Bedruckung wie eine imaginäre Eisfläche freigekratzt wird. Weitere Informationen zu der Glass Farm bei Detail.
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Architektur,
Ausstellung